Wahlbeobachterin Adrienne Fichter
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Die Zürcher Stadtratswahlen standen im Schatten des polarisierenden Abstimmungssonntags. Dies nicht zuletzt aufgrund des wenig aufregenden Ergebnisses von Ersterem: Bis auf die Schwächung des links-grünen Blocks durch den Einzug von Filippo Leutenegger (FDP) fanden keine Erdrutschsiege statt. Die Zeichen stehen also auf rot-grüne Kontinuität mit einem bürgerlicheren Anstrich (6:3-Verhältnis). Da ich als Wahlkampfbloggerin für Karl der Grosse genau hingeschaut habe, sind mir dennoch einige Dinge aufgefallen. Diese möchte ich im Folgenden rekapitulieren.
Nun liegen sie vor mir, die vielen grauen Listen. Die Auswahl der Kandidaten beschränkt sich auf den eigenen Wahlkreis. Soll ich also Kandidaten wählen, die sich besonders für Höngg engagieren?
Oder muss ich die Botschaften in Form von Platitüden unterhalb der Porträts miteinander vergleichen? Oder ist das politische Standpunkte-Matching à la Smartvote das Mass aller Dinge? Wohl von allem ein bisschen. Hier meine subjektive Wahlformel.
Letzte Woche begab ich mich freiwillig in die Höhle des blauen Top 5-Löwen. Beim Podium der Top 5 diskutierten die StadtratsanwärterInnen der SVP, FDP und CVP über die Rettung des Gewerbes in der Stadt Zürich.
Wobei «Diskussion» stark übertrieben ist. Die bürgerlichen Kandidaten überschlugen sich mit ihren Voten in der Frage, wer die Bedürfnisse der Gewerbler besser kenne und mehr Parkplätze schaffen könne. Unterhaltsam war die Runde trotz breitem Konsens allemal: dank erfrischender Fragen von einigen erbosten Gewerblern im Publikum und den satirischen – aber ernst gemeinten – Statements von Roland Scheck.
Es ist Mitte Dezember und der rituelle Budget-Marathon (mit insgesamt 436 Anträgen) ging über die Bühne. Auf der gut gefüllten Tribüne habe ich mir das Spektakel am ersten Tag während ein paar Stunden zu Gemüte geführt und einiges über das Feilschen um Leistungen und über die Diskussionskultur im Gemeinderat gelernt.
Das Kandidatenkarussell für die Stadtratswahlen ist bereits eifrig am Drehen. Die Medien kommentieren derweil die Chancen und Hindernisse für jeden gesetzten Anwärter. Doch die Frist für die Einreichung einer Kandidatur läuft noch bis zum 3. Dezember. Ist das Wahlkampfspiel schon «ausgemacht»? Kommt man nur mit Parteibuch als ernsthafter Kandidat in Frage für ein Amt, bei dem ideologischer Hintergrund im Verlauf der Amtszeit irrelevant wird und dem Pragmatismus weichen muss?
Ein Gespräch via Facebook-Chat mit einem potenziellen weiteren Stadtratskandidaten: dem parteilosen Daniel Frei (selbständiger PR-Berater), der die Community für oder gegen seine Kandidatur entscheiden lässt. Der Auftakt seiner Wahlkampagne beginnt mit diesem Blogpost.
Stell Dir vor, ein Verband präsentiert seine WunschpolitikerInnen. Und kein einziger von ihnen ist vor Ort. So ähnlich muss sich das vor drei Wochen bei der Präsentation des Forums Zürich der fünf bürgerlichen Stadtratskandidaten zugetragen haben. Womit sich die Fragen aufdrängen: Wie ernst ist das vollmundig verkündete Wahlprogramm «Top 5 – Für ein liberales Zürich» zu nehmen? Und wieviel Eintracht verbirgt sich wirklich hinter der demonstrativen Top 5-Geschlossenheit, die uns neu von sämtlichen Plakatwänden anlächelt?
Ich werde hier als Beobachterin zu den Stadtratswahlen bloggen. Über die Stadtratswahlen? werdet Ihr Euch vielleicht fragen. Welcher Rat ist das schon wieder? Traditionell braucht es in der Schweiz eine Weile, bis ein lokalpolitischer Wahlkampf in die Gänge kommt. Und bei Stadträten, deren Leistungsausweise kaum jemand kennt, wird deren Beobachtung eine besondere Herausforderung sein. Wieso? Ein Exekutivamt bietet zwar Gestaltungsmöglichkeiten und Prestige. Doch gleichzeitig verschwinden neue Stadträte oft von der Bildfläche. Zur Ernüchterung ihrer Wähler.